Ein anderes nützliches Werkzeug in Scribus ist die Schriftvorschau, die wesentlich mehr kann, als ihre Bezeichnung erwarten läßt. Die Schriftvorschau steht nur zur Verfügung, wenn ein Dokument geöffnet ist, und zwar unter Extras > Schriftvorschau:
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Wie Sie sehen, zeigt der Dialog eine Liste aller verfügbaren Schriften. Wenn Sie eine Schrift auswählen, wird unten eine Vorschau angezeigt. Sie können den Beispieltext jederzeit ändern und ihn später wieder auf die Voreinstellung zurücksetzen.
Wenn Sie viele Schriften installiert haben, werden Sie die Funktion »Schnellsuche« praktisch finden, denn sie ermöglicht es Ihnen, nach Schriften zu suchen, z.B. nach solchen eines bestimmten Herstellers (Adobe, Bitstream usw.) oder nach Schriftschnitten (z.B. »Italic«). Die einzige Einschränkung ist hier, daß Scribus nur in den Schriftnamen sucht, d.h. wenn Sie nach Kursivschnitten (z.B. mit dem Suchbegriff »Italic«) suchen, aber das Wort »Italic« kein Bestandteil des Namens ist, wird die Schrift nicht angezeigt.
Eine andere nützliche Funktion der Schriftvorschau ist die Option »Erweiterte Schriftinformationen anzeigen«. Mit deren Hilfe können Sie sich nicht nur dieselben Informationen anzeigen lassen wie im Dialog »Verfügbare Schriften«, sondern erhalten auch einen Schnellzugriff auf dessen Funktionen.
Schriften sind häufig der Ausgangs- und Endpunkt von Problemen im Desktop Publishing und in der Druckvorstufe. Grob geschätzt sind 50% aller Problemberichte, die Schriften betreffen, Probleme (d.h. Fehler) in den Schriftdateien selbst. Eine weitere typische Frage von Scribus-Anwendern lautet in etwa so: »Scribus zeigt Schrift x nicht an, aber die Programme x und y können sie problemlos verwenden. Was ist da los?«
Grundsätzlich ist Scribus äußerst wählerisch, wenn es um Schriften geht. Jedesmal wenn Scribus startet, führt es einen »Notwehrtest« durch, um sicherzustellen, daß Schriften über eine nutzbare Kodierung verfügen, skalierbar sind und einen korrekt eingebetteten PostScript-Namen haben. Wenn Scribus ein Dokument lädt, führt es eine genauere Überprüfung der verwendeten Schrift durch, um sicherzustellen, daß auf alle darin enthaltenen Glyphen zugegriffen werden kann. Sollte letzteres nicht der Fall sein, wird die Schrift in Scribus deaktiviert. Dies ist ein Feature, kein Programmfehler! Es gibt wahrscheinlich nur wenige Programme (wenn überhaupt eines), die weniger Toleranz gegenüber fehlerhaften Schriftdateien zeigen, als Scribus, denn die Verwendung von problematischen Schriften zu verhindern, ist fraglos von grundlegender Bedeutung für eine verläßliche Ausgabe. Zwar mag dies einige Anwender verwirren, aber seien Sie versichert, daß dadurch viele potentielle Probleme verhindert werden, etwa die Ausgabe einer PDF-Datei, die die Belichtungsmaschine abstürzen läßt oder die man überhaupt nicht ausbelichten kann, obwohl eine Auflage von 200 000 gedruckt werden muß. Solche Probleme können Hunderte, Tausende oder Millionen – je nach lokaler Währung – kosten.
Wenn Sie sich fragen, warum eine Schrift in Scribus nicht zur Verfügung steht, können Sie es von der Kommandozeile starten, wo Sie etwas sehen könnten, was so ähnlich aussieht wie dies:
Font /usr/local/share/fonts/URW/p052023l.pfb is broken, discarding it
Beachten Sie auch, daß Scribus keine »falschen« Schriftschnitte erzeugt. Diese sind der Fluch der Druckvorstufe und bekannt dafür, daß sie für Probleme beim kommerziellen Druck sorgen, weil das Schriftbild oft sehr schlecht ist. Daher wird Scribus keine künstlichen Kursiv- und Fettschnitte erzeugen – statt dessen müssen die entsprechenden Schriftdateien vorliegen. Einige DTP- und Textverarbeitungsprgramme bieten eine Funktion wie die beschriebene an, aber die Scribus-Entwickler haben sich bewußt dagegen entschieden.
An Schriftformaten herrscht in der modernen Computerwelt wahrlich kein Mangel. Die Bandbreite reicht dabei von Bitmapschriften (die beispielsweise noch für die Kommandozeilen heutiger Betriebssysteme und zum Teil auch noch vom Satzsystem TeX verwendet werden) bis hin zu sogenannten Webfonts, die überhaupt nicht auf einem Computer installiert sein müssen, sondern zusammen mit einer Webseite in den Browser übertragen werden. Im kommerziellen Druck spielen hingegen nur drei Formate eine Rolle, nämlich PostScript, TrueType und OpenType.
Hochwertige Schriften sind eine Voraussetzung für eine verläßliche Druckausgabe, ganz egal, welches Betriebssystem Sie verwenden. Es ist durchaus kein Snobismus, wenn Druckprofis kostenlosen Freeware- oder Shareware-Schriften äußerst skeptisch gegenüberstehen, denn sie wissen aus Erfahrung, daß solche Schriften häufig nicht den Standards entsprechen. Probleme wie falsche Kodierung, ein fehlender oder falsch formatierter PostScript-Name, defekte Kurven in einzelnen Glyphen und andere Mängel sind in solchen Dateien nicht gerade selten. Um eine verläßliche Schrift herzustellen, muß man Qualitätssicherung betreiben und intensiv testen. So hat es beispielsweise fast ein Jahr gedauert, um die Verdana aus der MS Web Font Collection herzustellen.
Im Scribus-Wiki finden Sie eine Liste mit vertrauenswürdigen Schriften und Download-Quellen. Diese Liste wird mehr oder weniger regelmäßig aktualisiert.